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Volle Sonne voraus

Was bringt das neue Solarpaket für Mehrfamilienhäuser?

Lesezeit: 6 Minuten

  • Solarpaket
  • Solarstrom

Das Solarpaket I ist da. Im April 2024 ist es vom Bundestag und Bundesrat abgesegnet worden. Die neuen Regelungen sollen den Ausbau der Solarenergie in Deutschland beschleunigen. Die Hauptziele: Weniger Bürokratie, stattdessen mehr Solaranlagen auf deutschen Dächern.

Und was bedeutet das neue Solarpaket-Gesetz nun konkret für das Betreiben von Photovoltaikanlagen auf Dächern von Mehrfamilienhäusern? IMMOFUTUR hat sich das Gesetz genauer für Sie angeschaut.

Das neue Instrument: Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung

Mieter und Mieterinnen in Mehrfamilienhäuser sollen mit dem Solarpaket I ab sofort den hauseigenen, günstigen Solarstrom einfacher nutzen können. Dafür wurde ein neues Instrument ins Leben gerufen. Der vielversprechende Name: Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung (§ 42b EnWG).

Aber was versteckt sich hinter dem vielsagenden Namen? In der Praxis soll die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung folgendes vereinfachen:

  • Kein Durchleiten mehr ins allgemeine Stromnetz bei Eigenverbrauch

    Durch PV-Anlagen auf MFH-Dächern produzierter Strom soll direkt genutzt werden können. Das mit Bürokratie verbundene Durchleiten des erzeugten Solarstroms ins allgemeine Stromnetz kann damit ausgelassen werden.

  • Klar(ere) Regelungen

    Das Abrechnen von PV-Strom ist nun klarer geregelt. Und auch die Ankündigungsfristen und -vorgaben bei Versorgungsunterbrechungen sind nun klar benannt.

  • Freie Auswahl bei der Reststromversorgung

    Mieter:innen dürfen künftig selbst auswählen, welchen Ergänzungstarif sie auswählen, wenn die PV-Anlage nicht genügend Strom liefern kann.

Was bedeutet das für HV und WEGs konkret?

Die wichtigste Erkenntnis lautet: Weniger Verpflichtungen und Versorgungsanforderungen für Betreiber einer PV-Anlage. WEGs, die eine PV-Anlage auf dem Dach installiert haben und den Strom auch für den Eigenverbrauch nutzen, sind nun nicht mehr in der Bringschuld etwaige Versorgungslücken schließen zu müssen.

In anderen Worten: PV-Anlagenbetreiber sind nun von der Pflicht befreit, die Reststromlieferung zu gewährleisten.

Wichtig: Das Instrument der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung und die damit einhergehenden Befreiungen stehen in Abgrenzung zum Mieterstrommodell. Die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung ist somit als ein eigenständiges Modell zu sehen, welches neben dem Mieterstrom-Modell existiert.

Hier noch mal eine Gegenüberstellung der beiden Modelle mit den wichtigsten Unterschieden:

Gemeinschaftliche GebäudeversorgungMieterstrom
Grundgebühr Netznutzungzahlt jeder Nutzer individuell via Reststromversorgungnur für den gemeinsam genutzten Netzanschluss
Förderungkein Anspruch auf Mieterstromzuschlag, jedoch Einspeisevergütung nach EEGMieterstromzuschlag und Einspeisevergütung nach EEG
StromlieferungAnlagenbetreiber liefern nur erzeugten Strom, Reststromversorgung wählt jeder Nutzer individuellvollständige Lieferung (Solarstrom + Reststromversorgung)
Stromverkauffreiwillig, keine Kopplung an Mietvertragfreiwillig, keine Kopplung an Mietvertrag
Vertragslaufzeitmax. 2 Jahremax. 2 Jahre
Preisdeckelkeine Regelungmax. 90% des lokalen Grundversorgungspreises
Lieferantenpflichtenbefreit von wesentlichen Lieferantenpflichten nach §§ 40 ff. EnWGVorgaben der Lieferantenpflichten gemäß §§ 40 ff. EnWG sind einzuhalten
Zusammenschluss mehrerer Gebäudenicht möglichmöglich

Wie eingangs erwähnt, liegt die größte und entscheidende Neuerung zum Mieterstrom-Modell im Wegfall der Verpflichtung ein vollständiges Stromprodukt für die Nutzer des Solarstroms anzubieten. Somit müssen Anlagenbetreiber bei der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung nun nicht mehr gewährleisten, dass eine Reststromversorgung besteht. Dafür ist jeder Nutzer selbst zuständig.

Die Zukunft und Praxis wird zeigen, ob der Gesetzgeber mit der Einführung eines weiteren Modells mehr Klarheit geschafft hat oder nicht.

Mieterstrom soll leichter werden

Das Mieterstrom-Modell wurde ebenfalls aufpoliert. Auch hier war das Ziel, bürokratische Hürden abzubauen und das Betreiben alltagstauglicher zu machen.

Was hat sich mit dem Solarpaket I nun konkret beim Mieterstrom geändert? Hier die Anpassungen und Änderungen auf einen Blick:

  • Solarstrom-Gewinnung auf Nebenanlagen (z.B. auf Garagendächern) ab sofort auch förderfähig

    Voraussetzung: Der erzeugte Strom wandert sofort in den Verbrauch, sprich ohne Netzdurchleitung.

  • Zusammenfassen von Anlagen

    Mehrere PV-Anlagen können nun zusammengefasst werden. Das war vor allem in Wohnquartieren oft ein praktisches Problem und eine technische Hürde.

  • Unbürokratische Abrechnung für Wechselrichter

    Geringe Stromverbräuche, die bei Volleinspeiseanlagen für den Wechselrichter bislang anfielen, sollen nun einfacher abgerechnet werden können. Statt wie bislang separate Stromlieferverträge in Abrechnung mitaufzunehmen, können unter bestimmten Voraussetzungen die Strommengen in einem bereits bestehenden Stromliefervertrag berücksichtigt werden.

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Große Anlagen einfacher betreiben

Bis dato waren Anlagen mit einer installierten Leistung von über 100 Kilowatt verpflichtet, ihren erzeugten Strom direkt zu vermarkten.

Durch das Solarpaket I wurde diese Pflicht nun modifiziert. Betreiber von 100kw und größeren Anlagen können ihre Überschussmengen nun künftig ohne Vergütung, aber auch ohne Direktvermarktungskosten an die Netzbetreiber weitergeben.

Der Vorteil, so zumindest erhofft es sich der Gesetzgeber, liegt dann vor allem bei den Anlagenbetreibern mit einem hohen Eigenverbrauch. Diese sogenannte „unentgeltliche Abnahme“ ist interessant für Betreiber größerer Anlagen, die an sich unter die Direktvermarktungspflicht fallen, ihren PV-Strom im Wesentlichen aber selbst verbrauchen und deshalb nur geringe Überschussmengen ins Netz einspeisen und sonst direktvermarkten müssten. Hauptziel hier: Weniger Aufwand und Bürokratie.

Warum das ganze? Der Gesetzgeber erhofft sich, dass durch neue Anreize geschaffen werden, die bestehenden PV-Flächen auf großen Dächern auszuweiten und die Dachflächen effizienter zu nutzen.

Direktvermarktung vereinfachen

Bislang waren die technischen Anforderungen für kleinere Anlagen (bis 25 kW) für die Direktvermarktung recht hoch. Das hat sich nun mit dem neuen Gesetz geändert.

Konkret bedeutet das:

  • Günstigere Direktvermarktung durch weniger Ausweispflicht

    Es ist nicht mehr erforderlich, im Verhältnis von Anlagenbetreiber mit Direktvermarktern in diesem Segment gesetzliche Vorgaben zur technischen Ausstattung zu machen

Nach wie vor ist aber die Steuerbarkeit der Anlage zwischen Direktvermarkter und Anlagenbetreiber vereinbar.

Ein Ausblick mit Schatten

Kaum ist die Tinte unter dem Solarpaket I Gesetz trocken, da rufen schon die ersten nach dem Solarpaket II.

Wolfgang Saam vom Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) spricht sich dafür aus, so schnell wie möglich ein „Solarpaket II“ auf den Weg zu bringen. Laut ihm fehle es vielen PV-Projekten nach wie vor an einer attraktiven Wirtschaftlichkeit. Nur mit einer besseren Wirtschaftlichkeit, so sein Argument, würde das Betreiben von PV-Anlagen auch für Immobilienunternehmer und Vermieter reizvoller werden.

Weiter empfiehlt die ZIA eine Überarbeitung des Schwellenwerts von 100 kWp bei der Direktvermarktungspflicht. Soll der Ausbau des Solarstroms auf Wohnhausdächern weiterhin gestärkt werden, dann müsse das Setzen der Richtwerte flexibler aufgesetzt sein. Ansonsten sind vor allem PV-Anlagen mit hohem Eigenverbrauch oder bei Mieterstrommodellen im Nachteil.

Anpassungsbedarf beim Solarpaket I sieht auch der Gründer von 1KOMMA5° GmbH, Philipp Schröder. Jedoch fokussiert er sich auf die Steuerbarkeit des Stromverbrauchs.

Seiner Einschätzung nach fehle es nach wie vor an einem markttauglichen sowie flexiblen System für die erneuerbaren Energien.

Seine Argumentation: Wenn die Energiewende erfolgreich sein soll, dann darf das System nicht nur dem Markt dienen, sondern auch regional und netzdienlich agieren. Nur so könnten intelligente, vernetzte Systeme sich schneller amortisieren. Und damit die Rentabilität solcher Investitionen gesteigert werden.

Dafür brauche es ein System mit zeitabhängigen Netzentgelte, die in der Lage sind, den regionalen Auslastungszustand des Stromnetzes abzubilden.

IMMOFUTUR sieht das Solarpaket I im Großen und Ganzen als einen Schritt in die richtige Richtung an. Weniger Bürokratie, weniger Regelungen – nur so kann die Energiewende an Dynamik gewinnen und endlich auch im Bereich der Mehrfamilienhäuser ihr volles Potenzial entfalten.

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